Anfang des Monats haben sich die United Nations getroffen, um eine neue Elite zu wählen. Der neue Generalsekretär ist wieder weiß und männlich (obwohl mehr Frauen* kandidiert haben), die Kampagne von Feminist*innen wurde wie gewöhnlich vernachlässigt und auch sonst ändert sich nicht viel in der Chef(innen?)etage der Verwaltungsorgane. Aber keine Angst, die UN hat eine Lösung für ihre Unterrepräsentierung von ungefähr allen, die nicht weiß und cis-männlich sind, gefunden: Es wurde eine neue Ehrenbotschafterin für die Stärkung von Frauen* und Mädchen* ernannt um die Wichtigkeit von weltweiter Gleichberechtigung zu betonen: Wonderwoman.
Kurz darauf kam harte Kritik von feministischen Organisationen, was zum einen zwar verständlich ist, nachdem es so viele qualifizierte Frauen* innerhalb der UN gibt, die bei der Generalversammlung leer ausgingen und nun auch die explizit feministische Kampagne von einem fiktionellen Charakter geleitet wird und nicht von einer real existierenden Person mit einer Meinung. Aber die Kritik basiert größtenteils darauf, Wonderwoman auf ihren Körper und ihre Kleidung zu reduzieren und sie als Gegnerin von Gendergleichberechtigung darzustellen. Die Petition gegen ihre Ernennung (oh ja) nennt sie zum Beispiel ein Barbie/Playboy pinup und hält sie deswegen für unqualifiziert, was übrigens auch dazu geführt hat, dass sie auf der Kampagne jetzt nur mit ihrem Cape und bis zur Hüfte gezeigt werden darf.
Wonderwoman hat schon immer Kritik aus feministischen Kreisen bekommen und steht gleichzeitig für viele Frauen* für die Freiheit, viel Haut zu zeigen und trotzdem nicht auf Macht und Stärke verzichten zu müssen. Immerhin sind ihre Ursprünge in der griechischen Mythologie der Amazonenköniginnen zu finden und ihr könnt mir nicht erklären, dass die nicht feministisch sind. Und in ihren ersten Comics war sie von Emmeline Pankhurst inspiriert, der englischen Suffragette, die sich für das Frauenwahlrecht einsetzte. Sie war außerdem sehr lange die einzige weibliche* Comicfigur, die sich durchsetzen konnte.
Natürlich ist sie gleichzeitig unglaublich patriotisch und loyal gegenüber den USA, trägt quasi The Stars and Stripes und wurde ähnlich wie Captain America mitunter für ihre Militärsbewerbung bekannt. Und sie ist weiß, passt in sämtliche westlichen Schönheitsideale und repräsentiert bestimmt nicht Intersektionalität. Aber sie ist trotzdem mehr, als das was der neue Hollywood-Film aus ihr macht.
Ich finde eigentlich nicht, dass wir realpolitischen Organisationen wie die UN mehr Aufmerksamkeit schenken sollten als unbedingt notwendig und ein Teil von mir findet es auch ein Bisschen lächerlich, diesen Text zu schreiben, aber die Diskussion, die ihr Auftritt in der Weltpolitik aufgeworfen hat, zeigt, dass Wonderwoman weiterhin ein spannendes und kontroverses Thema ist. Ich weiß nicht genau, ob sie übermäßig qualifiziert für den Job als Ehrenbotschafterin ist, aber ganz ehrlich, Winnie the Pooh war das vor ein paar Jahren auch schon mal und hat das ganz gut hingekriegt. Also lasst Wonderwoman in Ruhe, sie ist und bleibt eine feministische Ikone und wem ihr Outfit nicht passt kann sich ja damit beschäftigen, dass the Incredible Hulk ständig ohne Shirt herumläuft und sich niemand über sein Fashionstatement beschwert.