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Worum geht’s bei feministischer Wissenschaftskritik?

Anders als etwa in den Sozialwissenschaften hat Feminismus nur wenig Einzug in die Naturwissenschaften gehalten. Dabei ruft feministische Wissenschaftskritik eigentlich nur in Erinnerung, was jede_r Wissen­schaftler­_in bedenken sollte: Dass ihre Interpretation von Daten hakt oder es bereits in der These grundlegende Fehl­annahmen gibt. So erklärte die Biochemikerin Margarete Maurer im Interview mit science.orf.at,

[…] dass feministische Kritik eine Art notwendiges Tool, ein Hand­werks­zeug darstellt, um bei jedem Forschungsprojekt nochmals eine Qua­li­täts­kon­trolle durchzuführen. Spätestens bei den Ergebnis­inter­pre­tationen sollte also z.B. gefragt werden, ob sich andro­zen­trisch ge­präg­te ge­schlechts­spezifische Einflüsse oder kulturelle Muster ein­ge­schlichen haben könnten. Diese sind dann zu korrigieren.

Ein sehr schönes Beispiel für androzentrisch geprägte Forschung, die bei einer kritischen Prüfung nicht stand hält, ist die aktuelle Diskussion um das Bateman-Prinzip. Nach diesem Prinzip, dass die meisten aus der Schule kennen werden, nach der Männchen stets um die Aufmerksamkeit der Weibchen buhlen, während diese aus übertriebene Zeichen von Männlichkeit achten – warum etwa der Pfau seine Fiedern hätte. Nun haben Forscher_innen die ursprüngliche Studie von Bateman wiederholt und einen fundamentalen Fehler gefunden, berichtet Wired.

Bateman hatte Fruchtfliegen mit jeweils einem sichtbaren Nachteil (kleiner Kopf, geschrumpften Flügeln…) gezüchtet und bestimmte anhand dieser Merkmale, welche Fliegen sich vermehrten. Allerdings zählte er nur die überlebenden Tiere. In der Wiederholung aber zählten die Forscher_innen auch, wieviele Fliegen vor dem Erreichen des Erwachsenenalters starben. Danach liess sich die Behauptung der promisken Männchen und wählerischen Weibchen nicht mehr halten, denn Bateman hatte die Zahl der sich mehrfach paarenden Tiere unterschätzt, die der jung­fräu­lichen Fliegen überschätzt und zu wenige Weibchen als Mütter gezählt.

Tatsächlich gibt es seit vielen Jahren noch weitere Kritik am Bateman-Prinzip – dass es „das Prinzip“ hinter der Fortpflanzung beschreibt, ist wissenschaftlich nicht zu halten. Denn auch für Weibchen können mehrere Partner sinnvoll sein und für Männchen ist es nicht unbedingt sinnvoll, einfach nur ihr Erbgut zu verteilen. Dennoch hat das Prinzip unser Verständnis von Fortpflanzung geprägt, es dient immer wieder als Erklärung für vermeintlich „natürliches“ Verhalten von Menschen und hat lange Forscher_innen davon abgehalten, unerwartete Ergebnisse ernst zu nehmen.

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Dieser Artikel erschien zuerst bei der Mädchenmannschaft.

2 Antworten auf „Worum geht’s bei feministischer Wissenschaftskritik?“

Eigentlich hat aber das ja noch recht wenig mit feministischer Wissenschaftskritik zu tun, denn das Bateman-Experiment hielt ja nichteinmal den ganz normalen Standardanforderungen des positivistischen Wissenschaftsbetriebes stand. Viel wichtiger scheint mir vielmehr zu sein, dass es auch dann einer feministischen Wissenschaftskritik zu unterziehen gewesen wäre, wenn sich seine Daten als korrekt erwiesen hätten, einfach aufgrund der einfachen Tatsache, dass in seinem Zuge immer wieder versucht wurde, anhand einer Untersuchung des Verhaltens von Fruchtfliegen (diese Absurdität muss man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen) Aussagen über die menschliche Gesellschaft zu treffen.

Gerade dieser immerwiederkehrende Versuch der Naturalisierung menschlichen Verhaltens im Bezug auf Sexualität oder Fortpflanzung anhand von vermeintlichen Erkenntnissen aus der Zoologie oder abenteuerlichen Spekulationen diverser „Evolutionspsycholog_innen“ muss doch bereits als Ideologie im Kontext des Geschlechterverhältnisses sichtbar gemacht werden.

Imo hat das nichts mit „feministischer Wissenschaftskritik“ zu tun, sondern die Wissenschaft an sich war gar keine richtige. Siehe Feynmans Vortrag zu Cargokulten und Wissenschaft. Bateman war wohl nicht ehrlich genug sich selbst gegenüber und hat seine Aussage nicht vollständig gemacht. Das mag vielleicht aus andozentrischer Sicht heraus geschehen sein. Aber trotzdem ist es einfach „nur“ schlechte Wissenschaft. Aber wenn feministische Wissenschaftskritik solche Cargokulte aufdeckt, soll mir der weitere QA-Layer mehr als nur recht sein.
Macht weiter so :)

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