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Lost Women of Science: Spurensuche im Podcast

Zu Lebzeiten noch mit zahlreichen Preisen geehrt, ist die Kinderärztin und Pathologin Dorothy Andersen heute, genau wie ihre Forschung zur Krankheit Mukoviszidose, weitgehend in Vergessenheit geraten. Die neue Podcast-Serie Lost Women of Science erinnert an sie und andere kaum bekannte Wissenschaftlerinnen.

In der ersten Staffel des Podcasts, der im November startete, geht es um das Leben und Wirken Andersens. Moderatorin Katie Hafner lässt dabei von einer ehemaligen Kollegin bis hin zu jungen Mukoviszidose-Patientinnen viele Stimmen zu Wort kommen. So zeichnen die vier Folgen ein eindrückliches Bild von Andersens Arbeit – zeigen aber auch, wie und warum selbst herausragende Frauen unsichtbar werden.

Denn schon in der ersten Folge wird deutlich, dass trotz ihrer aufwändigen Forschung, vielen Veröffentlichungen und einigen Ehrungen zu Lebzeiten inzwischen nur noch wenige Informationen über sie zu finden sind. Tatsächlich hatte die Autorin Libby Machol in den 70er Jahren sogar eine Biographie angefangen, aber nie beendet. Seither wurden Andersens Dokumente von Verwandten entsorgt, Freund*innnen sind keine bekannt und auch ein von ihrer Universität in Auftrag gegebenes Porträt ist heute nicht mehr aufzufinden. Über die Zeit wurden ihre Erkenntnisse sogar einem ihrer Nachwuchswissenschaftler zugeschrieben, der selbst zu ihrer Unsichtbarmachung beitrug.

Wer wird sichtbar gemacht?

Auf der Suche nach dem Porträt Andersens begegnet Hafner dann einem weiteren Phänomen: der Dude Wall. Der Begriff geht auf eine Bemerkung der TV-Moderatorin Rachel Maddow zurück, die bei einem Universitätsbesuch eine Wand mit Porträts von Männern kommentierte. Seither gibt es an Forschungseinrichtungen eine Debatte, wer und warum dort eigentlich öffentlich geehrt wird. Zumindest in Yale, so stellt sich heraus, wurden für eine Feier einfach irgendwelche Porträts von Männern aufgehangen – egal wie dünn ihr Bezug zur Universität war.

Zum Schluss gibt es in der vierten Folge den Blick auf ihr Vermächtnis für die Behandlung von Mukoviszidose heute. Kurz vor Weihnachten kam schließlich eine Bonusfolge, die Einblicke in die Institution Krankenhaus liefert. Genauer gesagt: Die unterschiedliche Bewertung von verschiedenen Fachrichtungen und Männern und Frauen.

Produziert wird der Podcast von der „The Lost Women of Science Initiative“, einer gemeinnützigen Organisation, die unter anderem von der Hörfunk-Plattform PRX, dem wissenschaftlichen Journal Scientific American und mehreren Foundations unterstützt wird. Wenig überraschend ist daher die aufwändige Produktion mit vielen Stimmen und ausführlicher Recherche, die das Zuhören sehr angenehm macht. Der Aufbau als Schnitzeljagd erinnert positiv an den Podcast-Klassiker Serial, der den heutigen Boom mit auslöste.

Mit jeweils rund 30 Minuten Laufzeit sind die Folgen schnell durchgehört. Wer dann Nachschub braucht, darf sich freuen: Staffel zwei bis vier sind bereits in Arbeit und werden weitere vergessene Wissenschaftlerinnen vorstellen. Anfang Januar wurde die Programmiererin Klára Dán von Neumann für die zweite Staffel angekündigt.

Den Podcast Lost Women of Science könnt ihr direkt auf der Podcast-Webseite hören, bei Apple Podcasts und auf weiteren gängigen Plattformen abonnieren. Die Transkriptionen sind beim Scientific American zu lesen. Updates, Bilder aus der Recherche und Hinweise auf andere vergessene Wissenschaftlerinnen gibt es auf den Twitter- bzw. Instagram-Kanälen des Projekts.

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