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#lauffeuer: Ein Feldversuch zum bandenweisen Wechsel in freie, dezentrale soziale Netzwerke

Silke bloggt unter 404 Not Found über freie Software, mal eher aus sozialwissenschaftlicher Sicht, mal eher aus systemadministratorischer. Dort erschien auch der folgende Text zu erst, den wir hier noch einmal posten dürfen:

Höchste Zeit für ein längst geplantes Experiment! Es geht um nichts weniger, als um die Frage, ob es möglich ist, Leute in freie, dezentrale Netzwerke zu bewegen.

Ich komme einfach nicht darüber hinweg: Meistens, wenn ich von alternativen sozialen Netzwerken spreche, bekomme ich zu hören, dass es schlichtweg unmöglich sei, „die Menschen“ [TM] von Twitter und Facebook wegzubekommen. Das will ich nicht glauben! Ein großer Teil der Menschheit legt so viele Daten in die Hände ganz weniger Firmen – und selbst die, die sich eigentlich daran stören, bleiben dort, weil „alle anderen auch dort sind“. Alle paar Wochen geht ein Riesengezeter los, wenn einer der zentralisierten Dienste zensiert wird, seine AGB ändert, gehackt wird, den Zugriff von Apps durch irgendwelche Änderungen verhindert oder oder oder. Wir wissen in der Theorie längst, dass die zentralisierten, proprietären Kommunikationstools leichter zu Überwachen sind als mittels freier Software dezentralisiert aufgebaute. Wir wissen auch von freien Alternativen. Bloß warum werden die unfairerweise immer mit den Kommerziellen verglichen, obwohl sie unter ganz anderen Bedingungen entwickelt werden. Die megaschicke Weboberfläche oder Smartphone-App fällt bei den Grßen ja nicht vom Himmel, sondern sie wird von bezahlten Programmierenden entwickelt.

Wir sind teilweise auch in der Lage, unsere eigenen Kommunikationsinfrastrukturen zu betreiben, wir müssen es nur tun. Bei vielen kleinen Instanzen/Servern und miteinander kompatiblen Netzwerken können wir selbst entscheiden, wo wir unseren digitalen Rott ablegen wollen. Wir können uns für unterschiedliche Anbieter*innen entscheiden, aber trotzdem miteinander kommunizieren (zumindest im Idealfall). Dass mit den Giganten im Geschäft Social Networking immer alles so weiter läuft, wie es läuft, das ist so, weil wir das trotz Aufregens trotzdem mitmachen. Und damit kann ich schlecht leben. Schon aus Prinzip, und nicht nur, weil ich seit jeher die nur auf FB angekündigten Veranstaltungen verpasse.

Da liegt folgender Versuch nahe: Die Menschen grüppchenweise zu Überzeugen, woanders hin zu gehen. Darum geht es hier. Darum habe ich eine friendica-Instanz aufgesetzt. friendica ist eine Software, die von den Schnittstellen her kompatibel zu StatusNet und Diaspora ist. Wer einen Account auf einem friendica-Server hat, kann also nicht nur mit Leuten kommunizieren, die auf anderen friendica-Instanz registriert ist, sondern auch mit denen, die auf StatusNet- oder Diaspora-Servern sind. (Wobei es hier mitunter Probleme gibt, z.B. weil die Zeichenanzahl, die gepostet werden darf, nicht Überall gleich ist, was … nun ja … Kommunikation erschwert.)

Aber nun zu meinen Experiment – der Plan:

  • Ich biete einer Gruppe von Leuten Accounts auf meiner friendica-Instanz an. Diese Personen sind aufgerufen, sich mit friendica drei Monate lang ernsthaft zu beschäftigen. Was meine ich damit?
  • Ihr betrachtet die freie Software friendica nicht als fertiges und möglichst schickes Produkt, sondern als Kommunikationswerkzeug im Entwicklungsprozess. An diesem Prozess könnt Ihr schon durch ein paar einfache Notizen teilhaben. Schreibt was Kleines oder Großes dazu auf: Eine Idee zur Verbesserung, einen Fehler, eine Funktionalität, die friendica noch fehlt. Keinen Stress – schreibt gerne einfach direkt als friendica-Post. Wenn Ihr mögt, beobachtet Ihr, ob Eure Ideen von der Entwickler*innen-Community aufgegriffen werden. Wenn Ihr mögt, könnt Ihr auch direkt in den Issue-Tracker von friendica bei Github reinschreiben.
  • In den drei Monaten versucht Ihr, ein paar weitere Personen von einem ernsthaften Testen oder sogar von einem Wechsel zu Überzeugen. Auf meine oder eine andere friendica-Instanz von dieser Liste (Ich empfehle snarl.de.) oder auf eine StatusNet-Instanz (Liste).
  • Twittert von mir aus weiter, so viel Ihr wollt. Ihr seid jedoch dazu aufgerufen, all Eure Posts im Versuchszeitraum parallel auch in friendica abzusetzen, so dass es egal wird, ob man Euch hier oder dort folgt. Oft gestellte Frage: „Gibt’s denn wenigstens ’ne App, mit der ich das einfach kann?“ Ja. Die freie Android-App Twidere (Download über F-Droid oder Google Play) kann friendica und status.net (und Twitter) bespielen. Hier ist das Howto für die Konfiguration. Weitere Desktop- oder Smartphone-Clients für die StatusNet-API sind hier aufgelistet. Sie sollten also auch mit friendica funktionieren. (Mit der Einschränkung, dass friendica und StatusNet manche Dinge unterschiedlich lösen/darstellen und das mitunter komisch in Apps ankommt.)
  • Meine friendica-Instanz hat keine Twitter- oder Facebook-Konnektoren und wird auch keine haben. Wer ohne nicht leben will, kann aber vermutlich Instanzen finden, wo das Zeug installiert ist.
  • Da ich nicht vorhabe, Nutzungsbedingungen aufzuschreiben, vergebe ich die Accounts an Personen meiner Wahl, von denen ich denke, dass das nicht nötig ist. Sprich: Ich muss davon ausgehen können, dass Ihr keine diskriminierende Scheiße über meinen Server verbreitet etc. Davon kann ich am besten bei Leuten ausgehen, deren Texts, Tweets o.ä. ich schon eine Weile kenne. Schreibt mir auf einem weg Eurer Wahl!
  • Es wäre cool, wenn Ihr Eure neue Erreichbarkeit postet. Ich etwa: freiefunken@pink.pilot.io. Für die ganz Mutigen: Drückt bei den Leuten, die zu friendica/StatusNet mitgekommen sind, in Twitter einfach mal „unfollow“. ;)
  • Unter Euch sind welche, die selbst einen Server aufsetzen wollen/können? Facht das #lauffeuer an, indem Ihr auch ein paar Leute aufnehmt! Wer in Berlin ist, kann beim friendica-Treffen Hilfe dazu bekommen.
  • Weiterer Vorschlag: Hashtag #lauffeuer.
  • Nach den drei Monaten können die bleiben, die aktiv geblieben sind.

Und schließlich: Know your admin!

Daten lieber auf Servern bekannter Personen abladen? Kein Problem: Menschen, die friendica-Instanzen betreiben, treffen sich ca. einmal im Monat in der c-base, Rungestr. 20, 10179 Berlin. Die Treffen werden immer in der Berlin Group in friendica diskutiert. Wir sind noch wenige und freuen uns über Zuwachs!

Links zu friendica

2 Antworten auf „#lauffeuer: Ein Feldversuch zum bandenweisen Wechsel in freie, dezentrale soziale Netzwerke“

Hallo Silke,

das ist eine super Idee von dir! Ich suche schon länger nach einer Möglichkeit, mich besser zu vernetzen, mit interessanten Leuten in Kontakt zu treten usw., bin aber vor einer Registrierung bei Fratzen*buch und Konsorten immer zurückgeschreckt. Anfang des Jahres habe ich mich ein bisschen mit Friendica beschäftigt, einen Probeaccount bei TryFriendica.de angelegt und damit ein wenig herumgespielt. Mir hat Friendica sehr gut gefallen, sowohl von der Optik als auch vom Bedienkonzept her.

Nach dem Ablauf des TryFriendica-Accounts konnte ich mich allerdings nicht so richtig für einen Server entscheiden (snarl.de war mir am sympathischsten, aber ich wollte irgendwie auch nicht so als Unbekannte_r „reinplatzen“, da ich keine Möglichkeit habe, zu einem Stammtisch-Treffen zu kommen und die Leutchen persönlich kennenzulernen), so dass ich bislang nichts weiter in der Richtung unternommen habe. Da käme deine Initiative für mich gerade richtig :)

Hallo Laurie,

danke für Dein Interesse! Schreib mir doch mal Deinen Wunschnickname und die Mailadresse, die Du für den Account benutzen möchtest – Kontaktdaten sind auf meinem Blog.

Liebe Grüße, Silke

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