Nachdem Comedienne Amy Schumer mit ihrer letzten Hauptrolle in “Mädelstrip” die seichte Mutter-Tochter-Komödie zelebrierte, schlägt sie jetzt mit “I Feel Pretty” sozialkritischere Töne an. Leider kratzt sie das Thema des (Selbst-)Bilds von Frauen in der modernen Gesellschaft nur an der Oberfläche an und verpasst so die Chance, ein echtes Umdenken zu erzeugen.
Renee Bennett ist nicht zufrieden mit sich und ihrem Leben. Beruflich fühlt sie sich in der Online-Marketing Abteilung bei einer Kosmetikfirma unterfordert, privat herrscht tote Hose bei ihrem Liebesleben. Schuld daran gibt sie vor allem sich selbst und ihrem Körper, der nicht der Normschönheit entspricht. Renees Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ist völlig im Eimer. Doch nach einem Unfall im Fitnessstudio fühlt sie sich komplett verwandelt und sieht sich mit völlig anderen Augen. Zwar sieht sie für alle anderen genauso aus wie zuvor, aber mit dem vermeintlichen Zauber entwickelt sie ein neues Selbstvertrauen, das ihr hilft, zügig die Karriereleiter hinaufzuklettern und dabei den Respekt ihres Idols und ihrer Chefin Avery LeClaire zu gewinnen. Auch in der Liebe läuft es plötzlich hervorragend als sie dank ihres neuen Selbstvertrauens den charmanten Ethan kennenlernt. Bald wird aus dem neuen Selbstbewusstsein aber Arroganz und der Erfolg steigt Renee zu Kopf. Als der Selbstbewusstseins-Effekt plötzlich verschwindet, muss Renee einsehen, wie mies sie sich verhalten hat und versucht in einer verzweifelten Aktion Freundschaft, Liebe und Beruf zu retten.
Das Objektifizieren und Beurteilen von Frauenkörpern ist ein hinlänglich bekanntes aber immer noch akutes Problem unserer Gesellschaft. Entspricht eine Frau nicht dem gängigen Schönheitsideal hagelt es Kommentare, Häme, Beleidigungen und Diskriminierung von allen Seiten. Body Shaming richtet sich dabei allerdings nicht nur gegen Frauen, die einer absurden Gewichtsnorm nicht entsprechen. Women of Color wird vermittelt, dass helle bzw. weiße Haut das erstrebenswerte Schönheitsideal ist. Frauen mit Behinderung werden völlig ausgeblendet. Frauen mit Hautkrankheiten werden verhöhnt. Trans Frauen wird aufgrund ihres Körpers das Frausein abgesprochen.
Seit Mitte der 1990er gibt es eine Gegenbewegung, die ihre Wurzeln im feministischen Fat Acceptance Movement der 1960er hat und deren Gedanken weiterentwickelt. Body Positivity will das schädliche Schönheitsideal abschaffen und Frauen mit marginalisierten Körpern ermächtigen. Heutzutage wird der Begriff vielfach unscharf verwendet und auf einen Teilaspekt reduziert: Body Confidence, also das Selbstvertrauen gegenüber dem oder die positiven Sicht auf den eigenen Körper. Das blendet die aktive Marginalisierung und Verantwortung der Gesamtgesellschaft aus und reduziert die Problematik auf etwas, das vollkommen individuell gelöst werden kann.
In diese Falle tappt auch “I Feel Pretty”. Amy Schumers Renee erkennt am Ende, dass sie die ganze Zeit dieselbe war, zumindest körperlich. Lediglich die Selbstwahrnehmung hatte sich geändert. Das Problem liegt also alleine bei ihr. Zwar reagiert das Umfeld immer wieder irritiert auf Renees Selbstbewusstsein, doch der Film suggeriert, dass man mit genügend Selbstbewusstsein alles erreichen kann. Wirkliche Hindernisse muss Renee dabei aber nicht überwinden. Die meisten Situationen gestalten sich in etwa so: Renee sagt etwas darüber, wie heiß sie ist, wer auch immer im Raum ist, schaut sie an, als ob sie ihren Verstand verloren hätte, und dann zucken sie mit den Achseln und setzen die Szene fort.
Anstatt die schädlichen Botschaften unserer Gesellschaft im Allgemeinen und der Beauty-Industrie im Speziellen bezüglich der Ansprüche an Frauenkörper zu kritisieren oder zu dekonstruieren lässt sich “I Feel Pretty” auf ein “Liebe dich selbst wie du bist” reduzieren. Das erinnert an die Werbeversprechen von “Du darfst” oder die unpolitische Girlpower Welle der Spice Girls aus den 90ern.
Klar, “I Feel Pretty” ist keine Dokumentation oder ein Drama sondern ein Spielfilm, eine Comedy. Die Slapstick Momente und witzigen Dialoge funktionieren auch größtenteils. Man merkt, dass die Drehbuchautor*Innen Abby Kohn und Marc Silverstein in der Romantic Comedy zu Hause sind. Aber Amy Schumer ist eben eine der erfolgreichsten us-amerikanischen Comedians. Mit Hilfe ihres Bekanntheitsgrads hätte sie das Thema nachhaltiger in den Medien und den Köpfen der Menschen verankern können. Die guten Absichten verlieren sich in Renees Karriereaufstieg und in der zweiten Hälfte nimmt die Liebesgeschichte zu Ethan einen viel zu großen Raum in der Story ein. Stattdessen hätte man sich stärker der Freundinnen-Beziehung zwischen Renee, Vivian und Jane widmen sollen. Hier hätte man die Probleme aus unterschiedlichen Perspektiven diskutieren können. Im Film fungieren die Freundinnen lediglich als Plot-Werkzeuge.
Die wenigen anderen Blickwinkel auf das Thema Frauenkörper werden in winzigen Nebengeschichten angedeutet. Renees spätere Bekannte Mallory darf sich in einer Szene über den Schlankheitswahn im Model-Business und ihren oberflächlichen Freund ausheulen. Und so unerwartet und gut gemacht die Performance von Michelle Williams als Konzernstocher ist, die darunter leidet, dass sie aufgrund ihrer fisteligen Stimme als Führungskraft nicht ernst genommen wird. Ihre Selbstbewusstseinsprobleme wirken eher albern denn als Kritik.
Am Ende kann der Film sein hehres Vorhaben nicht erfüllen. Zwar hat “I Feel Pretty” das Herz am rechten Fleck, aber scheitert an der Umsetzung. Immerhin geht es hier nicht um Rivalitäten von Frauen untereinander. Und Renees Verwandlung ist keine physische sondern eine psychische. Sein Potential kann der Film aber nicht nutzen. So bleibt es bei einer unterhaltsamen Komödie für zwischendurch, die schnell wieder vergessen ist.