—Dieser Text enthält Spoiler—
„Beyond“, also „außerhalb“, „jenseits“ oder „darüber hinaus“. Die Frage ist: In welcher Hinsicht ist der neue Star Trek Film „beyond“?
Klar ist: Der Film ist jenseits der Next Generation Filme vor dem Reboot. Ganz im Gegenteil, er entfernt sich noch weiter und geht in diesem Sinne über die Filme von J.J. Abrams hinaus. Der war dieses Mal nicht als Regisseur beteiligt sondern Justin Lin. Das ist derjenige, der durch die The Fast & The Furious Filme bekannt wurde. Wenn ihr jetzt eure Augenbraue kritisch-fragend nah oben bewegt: Ja, auch ich habe mich gewundert, dass ein Kawummsi-Action-Regisseur für Star Trek verpflichtet wurde. Der erste Trailer zu Star Trek Beyond erfüllte denn leider auch alle meine negativen Erwartungen. Flotte Sprüche und Spektakel garniert mit einem Beastie Boys Song. Ach du heiliger Spock! Der Großteil der Fangemeinde ächzte auf. Eigentlich erstaunlich, dass dieser Trailer nicht der schlechtbewerteste auf ganz Youtube wurde, sondern ein ganz anderes Remake…
Nach dem ersten Schock, besänftigte ich mich selbst mit der Gewissheit, dass Trailer-Schmailer nicht zwingend die Tonalität und Qualität des Filmes widerspiegeln. Jetzt, da ich den Film gesehen habe, muss ich sagen: in diesem Fall leider doch. Der Film ist genauso wie der Trailer. Nur 118 Minuten länger. Den obwohl mit Simon Pegg ein Trekkie am Drehbuch mitgeschrieben hat (zusammen mit Doug Jung) fehlt dem Film so ziemlich alles, was Star Trek für mich immer interessant gemacht hatte. Der Plot ist reichlich dünn und für mich eine Kopie von Into Darkness mit einer sehr simplifizierten Botschaft. („Strength in unity“ – Wo habe ich das schon einmal gehört? Achja, das war der Slogan der faschistischen Regierung in V for Vendetta). Klar, man merkt Peggs Handschrift deutlich, sowohl in den Slapstickmomenten und lustigen Sprüchen als auch an den ruhigeren Stellen. Gerade letztere sind jedoch nur augenblickartiges Beiwerk ohne größere Bedeutung.
Die Meta-Verneigung vor Leonard Nimoy ist schön. Doch auch wenn der Film versucht durch die Konzentration auf einen Planeten den einzelnen Figuren mehr Raum zu geben, gelingt dies eher schlecht als recht. Denn über ein paar Dude-Bro-Momente zwischen Kirk, Spock und McCoy geht es nicht wirklich hinaus. Peggs Scotty hat verständlicherweise etwas mehr Screentime und liefert viel Comic Relief, seine eher herablassende Art mit Jaylah umzugehen hat mich über den Verlauf des Films zunnehmend genervt. Vor allem seine Angewohnheit, Jaylah „Lass“ (dt. Mädl, Mädchen) zu nennen hat mich massiv gestört. Und die Sache mit Sulus Sexualität, die im Vorfeld heiß diskutiert wurde? Kaum der Rede wert. Sein Partner hat nicht einmal eine Sprechrolle und kommt nur so kurz vor, dass es zu einem bloßen Gimmick kommt. Hier wäre es besser gewesen, vorher nichts davon zu verraten, anstatt zu versuchen sich dadurch Pseudo-Ally-Kekse zu erschleichen.
Eine Sache die Star Trek Beyond einigermaßen hinbekommt, sind die Frauenfiguren. Uhura und Spock sprengen schön die Damsel-in-Distress-Trope. Jaylah ist eine echte Überlebenskünstlerin. Nicht nur kann sie außerordentlich gut kämpfen, sie ist auch intelligent und geschickt im Umgang mit allerlei Maschinen und Technologie. Ihre emotionale Bandbreite und charakterliche Entwicklung machen aus ihr eine runde, spannende Figur wie sie in Actionblockbuster so gut wie nie vorkommt. Leider verschenkt der Film die Möglichkeit mehr aus ihr zu machen. Der Enterprise Crew ist sie eine essentielle Hilfe, aber am Ende, nachdem die Föderation gerettet ist und alle feiern, sitzt sie alleine in der Ecke. Gönnerhaft verkündert Kirk ihr, dass sie auf die Sternenflottenakademie aufgenommen werden darf. Wow. Wie grlßzügig. Hey, ich habe eine entscheidende Rolle bei der Rettung des Universums gespielt und werde nichtmal zum Crewmitglied gemacht sondern darf die Schulbank drücken. Sehr motiviertend.
Zu den inhaltlichen Schwächen gesellen sich die handwerklichen. Star Trek als Action Film kann man machen. Das haben die ersten beidne Reboot Filme durchaus gezeigt. Justin Lins Beyond funktioniert da leider nicht. Die Schnitte sind viel zu hektisch, als Zuschauer*In verliere ich öfter die Orientierung und manche Szenen wirken eher albern. Mit dem Kniff ein altes Motorrad auf dem Planeten zu platzieren kann Lin seine Fast & Furious Herzensreihe in das Star Trek Univerversum hinüberwuppen. Die ganze Szene wirkt völlig absurd und dauert viel zu lange. Lin scheint dem Anachronismus fröhnen zu wollen, denn auch die im ersten Trailer unterlegte Musik spielt eine Rolle im Film. Statt cool wirkt das aber eher verkrampft. Hinzu kommt, dass der Film recht schnell ermüdend wird, was seine Actionszenen mit Explosionen angeht und katapultiert sich damit in Michael Bay Gefilde.
Star Trek Beyond verschenkt einen Großteil seines Potentials. Das ist schade. Hoffen wir mal, dass die angekündigte Serie und weitere Filme besser werden.
PS: Ist sonst noch jemandem aufgefallen, dass es mit Jaylah eine starke Parallelität zu Rey aus Star Wars gibt? Scavenger, alleine auf einem Planeten, Stabwaffe, gut im Basteln etc etc…