Noch im letzten Jahrtausend begonnen, ist Farscape schon fast ein Klassiker, aber bis heute einzigartig. Dies beginnt bei den Charakteren, von denen einige durch Puppen der Jim-Henson-Firma Creature Shop dargestellt wurden, geht über die ganz eigene Sprache („frell you“), die für die Serie entwickelt wurde und zieht sich auch durch den allgemeinen Aufbau. Ähnlich wie bei Babylon 5 gibt es einen Storybogen, der auf fünf Staffeln ausgelegt war, von dem aber zuerst nur 4 Staffeln realisiert wurden. Die letzte Staffel wurde stattdessen in eine Miniserie von 2×2 Stunden zusammengekürzt – ein Umstand, der sie leider völlig überfrachtete.
Die Serie spielt in einem fernen Teil der Galaxie, in den es den menschlichen Protagonist John Crichton durch ein Wurmloch verschlägt. Crichton ist Astronaut und war auf einem Experimentalflug unterwegs – für menschliche Verhältnisse also auf der Höhe der Technik stellt er schnell fest, dass es überall anders schon deutlich fortgeschrittener zugeht. Zusammen mit einer bunten Truppe verschiedener Außerirdischer, von menschenähnlich bis zu pflanzenbasierten Lebensform sucht er den Weg nach Haus, als Bewohner eines lebenden Schiffs. Die meisten seiner Wegesgenossen sind entflohene Gefangene des regierenden Peacekeeperregimes, ihnen schließen sich immer wieder Entwurzelte an, die ebenfalls nach Hause wollen oder kein Zuhause mehr haben.
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Wie auch Anita Sarkeesian von Feminist Frequency finde ich dabei unglaublich spannend, dass Menschen und die Erde wirklich ganz kleine Lichter sind, weit ab vom Schuß am Rande der Galaxie lebend, während sich in ihrem Herzen ganz andere Mächte tummeln. Oft genug ist die (weiße, männliche) Menschheit in Science-Fiction und Fantasy-Universen eine „junge“ Rasse, die es aber trotzdem innerhalb kürzester Zeit zu einer wichtigen Kraft schafft. Im schlimmsten Fall gibt es daneben noch alte mächtige Imperien, die aus diversen Gründen dem Untergang geweiht sind. Ein überstrapazierter Hintergrund!
Aus feministischer Perspektive sind auch die weiblichen Hauptcharaktere überaus spannend. So gibt es zum einen außerordentlich viele (zumindest laut der offiziellen Webseite, die Wikipediaseiten teilen erstaunlich viele davon nur als wiederkehrend ein). Zum anderen sprengen sie viele Klischees. Sie sind offen, selbstbewußt und selbstbestimmt in ihrer Sexualität, sie müssen sowohl aus vertrackten Situationen gerettet werden, retten aber selbst auch andere. Sie sind stark, klug, jede hat ihre ganz eigenen Probleme und alle entwickeln sich im Lauf der Serie enorm – kurz sie sind echte Charaktere statt Projektionsflächen für die Protagonist_innen und Zuschauer_innen.
Zumindest gilt das für die vier Staffeln der Serie, in der Miniserie fragt frau sich nur noch „Was habt ihr mit Aeryn Sun gemacht?” Als ehemalige Peacekeepersoldatin, die zu lange von ihrer Einheit getrennt war und somit als „unumkehrbar verseucht“ gilt, bleibt ihr zunächst nicht viel anderes übrig, als sich in der neuen Schicksalsgemeinschaft zu arrangieren. Im Laufe der Serie erwächst daraus aber immer mehr eine Familie, die sie mit all ihrem Wissen und Kampfgeist verteidigt. Bis zur Miniserie, in der sie immer hilfloser erscheint, am Ende nur noch auf ihre romantische Beziehung und die Gründung einer Mutter-Vater-Kind-Kleinfamilie fokussiert.
Eine Entwicklung die sich ab der ersten Folge von Staffel 4 abzeichnete, als sie als Zeichen ihrer Weiterentwicklung eine neue Frisur bekommt. Leider konnte sich die Darstellerin Claudia Black nicht mit dem Wunsch nach einer Kurzhaarfrisur durchsetzen und musste stattdessen eine Perücke mit Haaren bis fast zum Po tragen – unpraktisch und an Aeryn Sun völlig unglaubwürdig. Im gleichen Maße entwickelt sich John Crichton vom Alien und Außenseiter zum Retter des Universums vor dessen Zerstörung und lässt uns doch einmal wieder davon träumen, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist. Schade.
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Lesetipp:
Im Journal Femspec findet sich eine tiefergehende Analyse, warum es sich bei Farscape um eine Mischung aus Science Fiction und einer Seifenoper handelt. Mit Analysen von Farscape lassen sich sicher noch jede Menge Forschungsarbeiten füllen. Wer Tipps hat, immer her damit!
Dieser Artikel erschien zuerst auf Drop the thought.