Wer heute in der Biologie an Tieren oder Pflanzen forscht, kommt um Zellkulturen kaum vorbei: Die Züchtung bestimmter Zellen außerhalb des Organismus. Eine der bekanntesten und wichtigsten Zelllinien sind die HeLa-Zellen. Benannt nach der Schwarzen US-Amerikanerin, Henrietta Lacks, der sie 1951 entnommen wurden. Was in der Geschichte von Lacks, ihrer Familie und ihren Zellen immer wieder fehlt, ist Konsens. Zuletzt wurde vor zwei Wochen das sequenzierte Genom der HeLa-Zellen ohne die Einwilligung ihrer Nachkommen veröffentlicht.
Bereits von der Entnahme der Zellen aus ihrer Gebärmutter erfuhr Lacks nichts. Dass sie an Gebärmutterhalskrebs erkrankt war, wurde dabei zum Glücksfall der medizinischen und biologischen Forschung. Denn die Tumorzellen waren die ersten, die sich außerhalb des Körpers weiter vermehrten und nicht nach kurzer Zeit starben. Bis heute arbeiten Labore auf der ganzen Welt mit HeLa-Zellen, der Impfstoff gegen Kinderlähmung wurde dank ihnen entwickelt. Während mit den Ergebnissen der Forschung an den HeLa-Zellen viel Geld verdient wurde, verarmte die Familie von Lacks.
2010 arbeitete Rebecca Skloot die Geschichte in dem Buch „Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks: Die Geschichte der HeLa-Zellen“ auf. Die Fragen, die sich damals ergaben, sind bis heute umstritten: Ob und in welcher Form muss die Einwilligung zur Gewebeentnahme und weiteren Verwendung gegeben werden? Sollten die Spender_innen an finanziellen Gewinnen beteiligt werden und wenn ja, wie?
Nun kommt die Veröffentlichung des Genoms hinzu. Das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) zog die Veröffentlichung nach Kritik zwar zurück, mindestens 15 mal waren die Daten allerdings herunter geladen worden, Teile des Genoms sind in anderen Datenbanken zu finden. Wieviel an persönlichen Informationen aus unseren Genen ablesbar ist, ist heute noch kaum abzuschätzen. So behauptete das EMBL zunächst, Rückschlüsse auf Lacks und ihre Familie seien nicht möglich aufgrund der vielen Veränderungen der Zelllinie in den letzten 60 Jahren – und zog auch diese Aussage später zurück. Ein Wissenschaftler hatte Skloot bereits eine einfache Analyse des Genoms zugesandt.
Schließlich beklagt Skloot das fehlende Problembewußtsein der wissenschaflichen Community. Die Sequenzierungsdaten wurden auf Konferenzen präsentiert und in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, die ihre Artikel im Peer-Review-Verfahren von anderen Wissenschaftler_innen begutachten lässt. Trotzdem wurde die Frage nach der Einwilligung nie gestellt und auch die schlußendliche Kritik sei von Wenigen ausgegangen. Ein Fehler im System also, dessen Lösung noch aussteht.
Eine Antwort auf „Mal wieder nicht selbstverständlich: Konsens in der biologischen Forschung“
[…] einzelnen Menschen zuordnen. Dennoch bewegt sich das SCRP in der Grauzone der Forschung, was die Zustimmung der Betroffenen angeht. In Kalifornien, wo das Projekt angesiedelt ist, gehören die Testergebnisse der […]