Kategorien
Open Spaces Genderdebug

HeteroSexismus hacken: Sexismus, Subversion, Hackerkongresse

Eigentlich sind wir ja schon in den Ferien, aber mitten in diesen wird ja auch der 29C3 stattfinden. Laura von HeteroSexismus Hacken stellt davor noch einmal wichtige Fragen und gibt Stoff zum Nachdenken mit.

29C3. In weniger als einer Woche werde ich mich beim Chaos Communication Congress unter tausende von Hackern, Programmierern und Technikfreaks mischen. Ich blicke auf das Pseudo-Batik-Kleid und das grünen Longsleeve, das ich trage. Keine schwarze Jeans, kein Shirt mit Meme-Referenz. Unsichtbarmachen kann ich mich dort wohl eher nicht … Ich frage mich, wie viele Frauen dort sein werden. Auf den kleineren Konferenzen dieses Jahr waren es vielleicht 20, teils auch 30 Prozent; aber beim C3 sind es deutlich weniger, soweit ich gehört habe.

Blick zurück, Dezember 2011: Meine Freunde fahren zum 28C3, ich bleibe ehrfürchtig und neugierig zu hause. Spannend fände ich ja schon, was da passiert … Aber ich habe keine Ahnung von Programmierung und alldem. Ich bin kein Geek. Wenn mich jemand nach einer Meinung fragen würde, müsste ich peinlich berührt zugeben, keine Ahnung zu haben. Und in der Menge tarnen kann ich mich schlecht. Aber eigentlich müssten sie sich doch freuen, wenn ich auch anfange, mich dafür zu interessieren; immerhin sieht sich der CCC ja als „Vermittler im Spannungsfeld technischer und sozialer Entwicklungen“ .

Hacker, Programmierer, … warum gibt es so viel weniger Hackerinnen und Programmiererinnen? Das faszinierende an der Hackerszene ist doch gerade der Hauch von Subversion, der von ihr ausgeht, die vage Idee von Autoritätskritik, die wagemutige Haltung, unkonforme Wege zu gehen, das lustvolle Experimentieren, eigene Ideale gegen bestehende Normen stellen … So zumindest meine romantische Vorstellung. Und immerhin: In der Hackerethik, die auch der CCC vertritt, finden sich einige dieser Ideen und Haltungen wieder. Explizit steht dort:

Beurteile einen Hacker nach dem, was er tut, und nicht nach üblichen Kriterien wie Aussehen, Alter, Herkunft, Spezies, Geschlecht oder gesellschaftliche Stellung.

Trotz der vielen verhältniskritischen, (geschlechter-) gerechten Ambitionen scheint die Hackerszene jedoch eine Männerdomäne zu bleiben. Und dies scheint nicht nur mir so; etliche Hackerinnen und Programmiererinnen sehen sich nicht nur mit Überrepräsentanz ihrer männlichen Kollegen, sondern auch mit sexistischen Haltungen und Äußerungen in ihrem Umfeld oder auf Kongressen konfrontiert.

Wie passt das zusammen? Das Potenzial zu Hierarchiefreiheit und Dekonstruktion gesellschaftlicher Verhältnisse/Normen – mit der Fernhaltung, Ausgrenzung, Minderschätzung von Hackerinnen ? Das ist drastisch ausgedrückt, trifft aber den Kern der Frage, mit der ich mich im zurückliegenden Jahr beschäftigt habe. Dafür galt es zunächst zu klären: Was charakterisiert die (deutsche) Hackerszene? Was ‚ist‘ Geschlecht, bzw. wie wird Geschlecht (re)konstruiert? Was ist Sexismus; wie äußert er sich und wie hängt er mit Geschlecht(erstereotypen) zusammen? Wie wirkt er sich auf Interessen, Tätigkeiten, gesellschaftliche Arbeitsbereiche aus – wie wirken also gesellschaftliche Geschlechterverhältnisse auch in der Hackerszene fort? Wie werden sie vielleicht gerade hier sichtbar – und inwiefern stecken vielleicht gerade hier Potenziale, diese Verhältnisse aufzubrechen, sprich: HeteroSexismus zu hacken?

Meine Gedanken und zwischenzeitlichen Erkenntnisse dazu habe ich in einer erziehungswissenschaftlichen Arbeit zusammengefasst, die ihr auf netzfeminismus.org findet; Schwerpunkt bildet die Frage nach den spezifischen Potenzialen der Hackerszene, Geschlechterverhältnisse zu dekonstruieren; eine kurze Ausführung gilt der möglichen Rolle von Blogs in diesem Zusammenhang; wem wissenschaftlicher Schreibstil weniger liegt, findet einige dieser Gedanken auch in meinem GPN-Talk vom Juni; hier versuche ich – in allgemeinverständlichen Worten – der Frage nachzugehen, wo all die (potenziellen) Hackerinnen sind – wie also gesellschaftliche Verhältnisse z.B. mit unseren Interessen zusammenhängen.

Vielleicht dient euch dieser Einblick aber auch einfach als Anlass, selbst diesen Fragen nachzugehen oder mit (potenziellen) Kongressmenschen darüber zu sprechen …

Weitere Gedanken, Texte und Links zum Thema findet ihr auf meinem Blog HeteroSexismus hacken; über Rückmeldungen freue ich mich.

In diesem Sinne: Wir sehen uns in Hamburg!

6 Antworten auf „HeteroSexismus hacken: Sexismus, Subversion, Hackerkongresse“

Hallo,

bitte fühl Dich auf dem 29C3 herzlich Willkommen!

Wir vertreten im CCC die Hackerethik, wie Du richtig entdeckt hast. Wir freuen uns ganz besonders über mehr weibliche Besucher, denn es ist richtig, dass unsere Veranstaltungen unter einer Unausgewogenheit zulasten der weiblichen Seite leiden.

Unter den Tausenden von Teilnehmern sind sicher die meisten, die wie wir Sexismus prinzipiell ablehnen. Ich will nicht verschweigen, dass es leider immer wieder auch einzelne Teilnehmer gibt, die sich in der Hinsicht daneben benehmen; das lässt sich bei einer solchen Masse an Menschen wohl nicht vermeiden. Aber wir schätzen das ganz und gar nicht.

An Vorbildern mangelt es im CCC nicht: mit den Hacksen gibt es eine feministische Gruppe im Club. Persönlichkeiten wie beispielsweise Rena Tangens oder Constanze Kurz zeigen, dass Frauen einen wesentlichen Teil der Clubidentität ausmachen; ich bin sehr froh, dass wir dazu keine Quote brauchen, sondern dass sich solche Hackerinnen auch so durchsetzen können.

Ich würde es auch ganz persönlich schätzen, wenn wir immer mehr Hackerinnen für den Club gewinnen könnten. Feminismus wird erst dann überflüssig, wenn wir genau so viele Hackerinnen wie Hacker im Club und auf unseren Veranstaltungen antreffen.

Ich hoffe, dass wir das eines Tages erreichen. Es ist ein Anfang, wenn sich alle weiblichen Interessierten genauso eingeladen fühlen, wie ihre männlichen Pendants.

Noch einmal: Herzlich Willkommen auf dem 29C3!

Viele Grüsse,
Volker Birk
CCC ERFA Ulm

Auch -das soll hier explizit noch einmal schriftlich für Vorfeldverunsicherte vermerkt werden – werden auf dem Congress die allgemeinen Menschenrechte uneingeschraänkt anerkannt.

Wussten jetzt vielleicht auch nicht alle.

Hallo,

Erst mal möchte ich Volkers Aussage unterstützen. Wir finden es total dufte wenn sich alle Geschlechter auf dem Congress ( Den Begriff Gewchlecht kann man Imho auch problemlos als fliessenden Wert auffasssen) wohl fühlen.
Das hat in der Vergangenheit auch gut funktioniert, denn die Veranstaltung ist die letzten Jahre erheblich bunter geworden und deine Vermutung der Anteil nicht-männlicher Besucher liege unter dem der anderen Chaos-Events kann ich aus meiner Perspektive nicht bestätigen.(Wieso sollten die audh ausgerechnet das grösste Event den Kerlen überlassen? ;-) )

Der Congress ist ein Event zum Mitmachen. Dein persönliches Erlebnis lebt davon, was du tust. Von den tausenden Besuchern wird jeder die Veranstaltung anders erleben. Der eine guckt sich alle Vorträge an und kommt aus Sall 1 vier Tage nich raus, andere basteln und gucken sich keine Vorträge an. Andere pendeln seit August wöchentlich nach Hamburg und organisieren das alles und schielen mit einem Auge schon ganz kräftig auf den Urlaub danach. Wie Dein Congress aussieht, entscheidest du selber. Sei mutig, geh auf die Menschen zu und du wirst sehen, der Spaß wird dadurch größer.

Vergiss dabei aber bitte nicht, du hast es mit ganz unterschiedlichen Menschen zu tun. Mit einigen wirst du dich vielleicht anfreunden, mit anderen eher nicht. Keiner repräsentiert aber den Congress an sich.

In diesem Sinne viel Spaß , wir freuen uns auf dich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.