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Wie finde ich einen Job ohne *Ismen?

Dieser Artikel ist Teil 16 von 48 in der Serie Community Monday

Am ersten Montag im Monat werfen wir ein Thema in die Runde, ob aktuell oder zeitlos, über das wir uns gern mit euch austauschen wollen. Rege Beteiligung mehr als erwünscht!

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Unser heutiger Community Monday wird von unserer Leserin Maraike eingeführt. Sie ist 26 und studiert Medieninformatik in München. Sie interessiert sich für ein breites Spektrum an mal mehr, mal weniger geekigem Zeug: von LGBT-Jugendarbeit und Queerfeminismus über Science Fiction, Brett-, Rollen- und Computerspiele bis zu Programmierung und Hardwarehacking. Falls ihr auch Ideen habt für einen Community Monday, dann schreibt uns einfach.

Während meines Studiums habe ich dank Arbeitsgruppen, die oft mit Freunden_innen besetzt sind, meist weniger Schwierigkeiten, mich in der Gruppe wohl zu fühlen. Aber durch das Praktikum, das ich gerade absolviere, sehe ich mich oftmals einem Problem ausgesetzt, das ich nicht so recht zu lösen vermag: In den überwiegend männlich* besetzten Gruppen kann mensch mich nicht einordnen.

Viele Männer*, denen ich bislang begegnet bin, versuchen es erst einmal in bekannten Mustern. Sie werfen mir die guten, alten Schuhekaufen-Witze zu, geben sich verwundert, wenn ich mal was besser kann als sie, oder loben mich, dass ich das echt gut kann für eine Frau. Wenn sie merken, dass sich davon meine Stimmung eher in den frostigen Bereich bewegt, fangen sie damit an, mich als eine_n von ihnen zu behandeln und erwarten von mir, dass ich ihre Sexismen mittrage und mich damit über die anderen, “typischen” Frauen stelle.

Früher hatte ich es noch relativ einfach. Da habe ich nur die “tussige” Rolle abgelehnt, in die man mich zuerst stecken wollte. Habe Witzeleien über Handtaschen (obwohl das offensichtlicherweise nicht zu meinen Lieblingsressorts zählt) abgewehrt, indem ich mich auf die Seite der Jungs geschlagen habe. Ich wurde akzeptiert, weil ich “etwas besonderes” war, eine “untypische” Frau, die Computerspiele spielt, die sich nicht für den “Mädchenkram” interessiert. Ein seltsamer, aber irgendwie herausragender Bro.

Heute kann ich das nicht mehr, weil mich schon der Gedanke aufregt, dass irgendetwas typisch Frau sein soll. Weil ich zu keiner Gruppe dazugehören will, die eine andere mit sexistischen (oder rassistischen, oder homophoben, oder.. etc) Witzen abwertet. Ausserdem ärgere ich mich darüber, dass meistens die_der lautere in der Gruppe das Sagen hat, und mensch sich nicht darum kümmert, dass alle zu gleichen Teilen ihre Meinung sagen dürfen und alle, auch die leisen, gehört werden – zumindest alle auf derselben Hierarchieebene. Ich könnte dieses Spielchen durchaus mitspielen, mich mit Ellbogenmentalität durchsetzen. Aber ich habe schlichtweg keinen Bock drauf. Das bedeutet, I’m out of the club.

So und was mach ich jetzt damit?

Nach dem Motto “Augen zu und durch” könnte ich mich einfach anpassen. Wieder in alte Strukturen fallen und den besonderen, da weiblichen, Bro spielen. Aber das kann und will ich nicht. Auch bin ich nicht so schlagfertig, dass mir auf jeden Witz eine gute Antwort einfällt, eher im Gegenteil. Sexismus als solchen zu benennen, führt meistens auch eher zu langwierigen Diskussionen, als dass ich mich im Team wohl fühle. Und auch wenn ich diese Sichtbarmachung von Sexismen als meine Pflicht sehe, schaffe ich es nicht oft genug, die Diskussion anzufangen.

Ich kann bei der Jobsuche bewusst nach Stellen schauen, bei denen ich das Gefühl habe, dass *Ismen hier relativ selten auftreten. Also nach gegenderten Stellenangeboten, dem Geschlechterverhältnis im Team, falls das auf der Website zugänglich ist. Kennt ihr noch weitere Merkmale?

Letzten Endes könnte ich auch einfach selbst für eine tolle *Ismen-freie Atmosphäre sorgen, indem ich mal eine eigene Firma gründe. Nur – werde ich mich als Gründerin durchsetzen können, wenn ich Mackertum ablehne? Kann man erfolgreich sein ohne Ellbogenmentalität? (Ich denke, die Antwort ist ja, es gibt ja einige Positivbeispiele, aber in allen Bereichen wird das sicher nicht so sein) Gibt es dafür Netzwerke?

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Was haltet ihr davon und wie geht ihr damit um? Habt ihr andere Tipps auf Lager?

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11 Antworten auf „Wie finde ich einen Job ohne *Ismen?“

Hallo zusammen, fünf Jahre Vollzeitstelle im Weiterbildungsbereich, davor während des Studiums bis Abschluss acht Jahre bei verschiedenen Unternehmen, i say: Job ohne -ismen, das ist wohl zumeist Utopie. Selbst in meinem Arbeitsbereich, in dem ich sehr viel mitgestalten kann, und ein Unternehmen habe, in dem sich die Führungsetage sehr gerne meine Vorschläge anhört und versucht, vieles umzusetzen.
Die Unzufriedenheit mit dem Arbeitsumfeld stieg bei mir übrigens korrelativ mit der Anzahl der Bloggerjahre und meiner Web-Peer.
Ich glaube, dass es insgesamt (jetzt noch) sehr schwer ist, sich mit dem Awareness-Profil das mensch nun hat, auch in einem Job wieder zu finden. Bleibt das harte Brot der Selbständigkeit, eventuell.
Was ich festgestellt habe, auch in meiner Beratung von Unternehmen: Sexismus, Rassismus etc. pp. – Firmen reagieren, wenn sie das Gefühl haben, irgendwas könnte Image und/oder Umsatz negativ tangieren. Zumeist nie aus reinem Goodwill. Da leisten wir im Internet gute Vorarbeit, da ich denke, dass sich hier der common sense verändert durchaus.
Ich lebe derweil mit meinem Kompromiss, und das sogar noch sehr gut. Aber gaaanz optimal wäre natürlich anders. [#EinEinzelfall)

Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht wie du, war auch lange Zeit der „weibliche Bro“, oder hab das zumindest versucht. Hat mal mehr, mal weniger gut funktioniert, sich dann als Teil der Gruppe akzeptiert zu fühlen. War damals auch wenig sensibilisiert und für die gesellschaftliche Ebene sowieso blind. Das hat sich in letzter Zeit geändert, weshalb ich jetzt auch sehr allergisch auf Kackscheiße reagiere.

Mittlerweile, Ende des Studiums, habe ich einen sozialen Kreis gefunden, der Informatik macht UND nicht bzw wenig kackscheißt. Anscheinend gibts da eine kritische Masse an Menschen, die sich mit Feminismus auseinandergesetzt haben und jetzt mit mir zusammen dran arbeiten, dass es noch mehr Leute tun. Ist leider immer noch anstrengend, aber macht es deutlich erträglicher, denk ich.

Ob sich das im Arbeitsleben fortsetzt? Hab hier am Fachgebiet in der Uni festgestellt, mit einigen Leuten kann ich da ganz gut reden und sie ggf sogar überzeugen, vielleicht ähnlich wie im Studium. Bei anderen muss ich wohl akzeptieren, dass wir keine Freunde werden, und sie nach Möglichkeit meiden. Wie ich das machen würde, wenn das mein/e Vorgesetzte/r wäre… keine Ahnung. Hab bisher ne Chefin, die ganz in Ordnung ist, zum Glück.

Ansonsten Kriterien bei der Jobsuche, hm… Beim Interview fragen, was sie von Quoten und Frauenförderprogrammen halten?

Was du da von deiner Uni beschreibst, klingt angenehm, vielleicht habe ich noch nicht lang genug in diese Richtung gesucht.
Guter Tipp – etwas ähnliches haben wir bei einem Firmenbesuch gemacht: den Repräsentanten der Firma a) gefragt, wie hoch der Frauenanteil in der Firma liegt und b) warum alle Referenten männlich waren, gleichzeitig alle, die für Verpflegung zuständig waren, weiblich. An der Reaktion hat sich dann viel ablesen lassen. „Ja also das ist eh eine schwierige Sache, wir wissen auch nicht, warum so wenige Frauen in der IT sind, das ist eben generell so.“

Ich arbeite ja in einem geisteswissenschaftlichen Bereich. Aber auch da stellt sich die Frage über und über. Einen Job zu finden, wo keine *ismen auftauchen, ist unrealistisch. Wir alle sind ja auch nicht fehlerfrei und produzieren *ismen und kein Job wird außerhalb dieser Gesellschaft stehen.

Für mich lautet die Frage also: Wie einen Job finden, wo angemessen auf produzierte *ismen reagiert wird? Wo Raum für Kritik und Veränderungen ist? Und wo strukturelle Probleme anerkannt werden?

Ich habe natürlich auch keine perfekte Antwort (außer sowieso Rrrevolution, anderes Wirtschaftssystem etc. ;) ). Aber „zum Durchkommen“ ist für mich zu mindestens wichtig, dass ich mich mit meinem Ansichten nicht vollkommen alleine fühle, dass ich Verbündete habe, dass ich zu mindestens das Gefühl habe Dinge ansprechen zu können (auch wenn sich dadurch nicht alles sofort zum Besseren ändert).

Dieses „Zusammentun“ kann natürlich unterschiedlich aussehen, gemeinsam mit Gleichgesinnten etwas anfangen, in einem bestehenden Jobs nach ähnlich gelagerten Personen suchen etc. Wahrscheinlich ist das zu mindestens etwas leichter, wenn der Job in einem Bereich/Unternehmen/Institution/whatever ist, welches zu mindestens einen rudimentären gesellschaftskritischen Anspruch hat…

Ja klar, da hast du Recht, ich hab mich etwas blöd ausgedrückt.
Das mit dem gesellschaftskritischem Anspruch ist ein guter Punkt. Es mögen Vorurteile sein, aber ich erwarte z.B. in der IT-Abteilung einer Börsenwebsite mehr Mist als in der eines social entrepreneurship-Unternehmens.

Das ist bedauerlicherweise immer noch nicht selbstverstaendlich. In meiner Firma funktionierte es im IT-Team relativ gut. Allein, weil alle wissen, dass es mit mir unglaublich Stress geben kann, wenn es zu diesen *ismen kommen sollte. Aber darueber hinaus ist es schon wieder ganz anders. Da wird die Administratrix schon mal ignoriert und damit unsichtbar gemacht. Das ist teilweise ein Lernprozess und muehsam. Bekamen ein Support-Mail nur mein männlicher Kollege und ich, aber nicht meine Kollegin, dann habe ich auch abgewartet. Beim Anruf des Users habe ich dann mitgeteilt, dass das laengst erledigt sein haette koennen, wenn die Kollegin das bekommen haette, da sie Zeitressourcen frei hatte.

Ich glaube, jede Frau sollte gleich klarstellen, dass sie *ismen nicht toleriert, wenn es zum ersten Vorfall dieser Art gekommen ist. Maenner brauchen klare Ansagen und Regeln, wie es scheint und manch einem muss man diese auch mehrmals naeherbringen, bis er sie verstanden und akzeptiert hat.

Ansonsten habe ich auch noch das Problem damit, dass es kein oder nur wenig »Networking« unter Frauen gibt. Beispiel: In gewissen Gegenden Deutschlands lassen sich keine Weiblichen Mitarbeiterinnen fuer die IT finden. Da kommen schlicht keine Bewerbungen von Frauen. Umgekehrt habe ich keine Moeglichkeit in einer Art Jobboerse fuer Frauen nach geeigneten Kandidatinnen zu suchen. Der Plan waere, sie ueber die Region hinaus zu informieren, da sie vielleicht gerade nicht alle Tageszeitungen und Jobboersen im gesamten Land im Blick hat. Unverbindlich, denn wenn sie ihren Wohnort nicht veraendern will, hat man wenigstens gefragt.
Facebook & Co sind keine Option, denn ich habe keine Zeit mich taeglich mit Virtual Social Networks zu beschaeftigen.

@Gan-Chan Ich sehe gerade dort ein Problem, wo Frauen* gesagt wird, wie sie sich zu verhalten haben um nicht anzuecken damit sie mitmachen dürfen. Bei der ganzen Frage ist doch gerade das der Punkt, dass es nicht das Ziel ist einfach nur in einem kaputten *istischen System mitspielen zu dürfen (unter der Bedingung sich anzupassen oder ständig alles mögliche klarzustellen, viel Energie zu investieren, während andere sich schön auf ihre Arbeit/Freizeit konzentrieren können).

Es liegt meines Erachtens nach nicht an „den Frauen“, dass es Firmen gibt, die keine Frauen* für ihre IT-Stellen finden. Netzwerke sind daher vielleicht eine schöne Idee (in den letzten Jahren sind viele davon entstanden!), aber auch irgendwie nur ein Versuch die Symptome eines tiefergehendes Problems zu lindern.

@ Melanie:

Da kann ich Dir zustimmen. Haette ich selbst eine Firma, wuerde ich fuer entsprechende Bedingungen sorgen. Als Arbeitnehmer kann ich nur sehr bedingt Einfluss nehmen, wenn die Geschaeftsfuehrung aus alten Maennern besteht, die jede Abweichung von anachronistischen Traditionen scheut.

Da bleibt mir dann eben nur nach diesen „Notloesungen“ zu greifen, um wenigstens irgendwie eingreifen zu koennen.

Insgesamt habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Frauen nach dem Studium nicht mehr mit der „Glaesernen Decke“ rechnen. In der Universitaet ist diese in westlichen Laendern nicht mehr unbedingt existent. Und dann glauben die Frauen, dass die „Glaeserne Decke“ bereits laengst auf dem Muellhaufen der Geschichte liegt. Dieser Irrtum raecht sich dann aber oft.

Hm, wie sehen denn die Stellenanzeigen aus? Es gibt bestimmte Formen, auf die ich mich nicht bewerben würde, weil ich damit bestimmte Vorstellungen wie Ellbogenmentalität verknüpfe. Klar gibt es von vornherein schonmal weniger Frauen in der IT aber sicher, dass es nicht an der Aussenwirkung liegt, dass sich keine Frauen bewerben?

Die Stellenanzeige sieht IMO relativ normal aus. Ich glaube, dass die Location (Thueringen) die Anzahl der Bewerberinnen zusaetzlich vermindert. Das Anfangsgehalt ist auch relativ gering (wie in dieser Region ueblich), aber das erfaehrt man erst nach dem Vorstellungsgespraech. Es steigt aber dann nach der Probezeit auf akzeptables Niveau.

Da es sich nicht um eine IT Firma handelt, gibt es IMO wenig bis keine Aussenwirkung. Insgesamt ist aber leider die Struktur schon so, dass das Geschlechterverhaeltnis unausgewogen ist. Damit meine ich, dass im Management hauptsaechlich Kerle sitzen und in den Sekretariaten hauptsaechlich Frauen. Von der Anzahl der Mitarbeiterinnen betrachtet beschaeftigt die Firma aber mehr Frauen als Maenner.

Erstaunlicherweise ist es gerade bei meinem nebenjob so, dass mir sowas eher von Kolleginnen vorgesetzt werden…: „ist ja toll, dass du ALS FRAU das kannst…“, „wie kommt es, dass du das kannst…“ etc.
Iwie weiß ich da auch immer garnichts drauf zu sagen, ich habe immer das Gefühl sie wollen jetzt hören ich wäre von meinem alleinerziehenden Vater aufgezogen worden oder hätte zehn Brüder, irgendwas, was quasi erklärt warum ich etwas kann, was sie nicht können (wollen?). Interesse reicht anscheinend nicht.

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