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Über die Notwendigkeit von Kollektiven im Netz

Wir leben in Zeiten der Individualisierung, in denen wir alle versuchen müssen, so einzigartig, besonders und sichtbar wie möglich zu sein. Social-Media-Netzwerke spielen dabei eine nicht ganz so kleine Rolle: Es werden Facebook-, Twitter- und Okcupid-Profile perfektioniert, Urlaubsfotos von möglichst “exotischen” und spannenden Orten online gestellt und extravagante Selfies gepostet. Ganz zu schweigen von individuellen Reiseblogs oder Instagram-Accounts. Das kann zum einen sehr empowering sein, schließlich bringt diese Selfie-Kultur auch für viel Lob und Anerkennung. Gleichzeitig heißt das auch, dass wir Diskriminierung und Abwertung im Internet alleine gegenüberstehen.

In der Arbeitswelt führt diese Individualisierung sogar zu mehr prekärer Arbeit und weniger Absicherungen, weil sich kaum Möglichkeiten für sinnvolle Vernetzung und Organisation bilden und die Anzahl von Selbstständigen, die teilweise keine Renten- und Krankenversicherungen zur Verfügung gestellt bekommen, wächst. Unternehmen können sich auf diese Weise immer weiter aus der Verantwortung für ihre Mitarbeiter_innen ziehen.

Kollektive sind eine Alternative, ein Weg, neue Räume zu schaffen und mit Vernetzung gegen die Vereinzelung anzukommen. Dabei gibt es verschiedene Versuche:

Natürlich können wir jetzt von Vegan-Läden, Bars und Cafés reden, die in Mitteleuropa an den verschiedensten Orten entstehen und von denen sich leider nur ein Bruchteil halten kann. Vielleicht ist es aber auch spannender, sich netzpolitische Kollektive genauer anzuschauen. Das fängt an bei Femgeeks oder auch anderen Gemeinschaftsblogs, die mit kollektiven Strukturen existieren, anonyme Blogger_innen-Gruppen seien hier besonders herausgehoben. Aber auch Netzwerke wie zum Beispiel die Speakerinnen-Liste tun ihren Zweck: Hier werden Rednerinnen* für Konferenzen und Vorträge vermittelt, ohne neue Hierarchien aufzumachen oder Rankings zu erzeugen. Eine weitere Methode gegen unsere individualisierte Wettbewerbsgesellschaft also. Als neuestes Beispiel sei noch der queere Hackspace HEAQS erwähnt. 

Außerdem gibt so ein Kollektiv Stärke. Ein Einzelblog ist schön und gut, wenn sich aber eine Gruppe von (ganz unterschiedlichen?) Menschen zusammen überlegt, was spannende Themen wären, wie man mit Kommentaren und Kontaktformularen umgeht, und wie sich das Kollektiv in gewissen Debatten äußert, dann ist auch das Schreiben keine individuelle Handlung mehr. In einem Kollektiv Texte zu verfassen, heißt zwar mehr Verantwortung, es heißt aber auch, nicht mehr alleine dazustehen.

Besonders wenn Frauen* und trans*-Personen es wagen, den Mund aufzumachen und bestehende Strukturen zu kritisieren, werden wir von verschiedenen Seiten angegriffen. Eine Gruppe von Blogger_innen kann da einfach besser Contra geben und sich gegenseitig den Rücken frei halten.

Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich, in Femgeeks ein Kollektiv gefunden zu haben, in dem ich mich sicher fühle und in dem wir trotzdem nicht alle gleich sind.

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