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2. All-Women Hackthon in Berlin

All-Women Hackathon hieß es am vergangenen Wochenende nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahr. Eingeladen hatten wieder die Berlin Geekettes, eine gemeinnützige Organisation, die Mädchen* und Frauen* für IT begeistern und ein förderndes Netzwerk aufbauen will.

Hackthon. Berlin. All-Women. – Wait what?

Gerade erst durch das KickOff Meeting der Hamburg Geekettes auf diese Organisation aufmerksam geworden, entschied ich mich spontan zu einer Teilnahme. Wobei ich zunächst einmal die Fragen klären musste, was ist das überhaupt und was soll ich da machen. Hackathon setzt sich zusammen aus „Hacken“ und „Marathon“, ist also eine Veranstaltung, auf der in meist recht kurzer Zeit eine Idee programmierend umgesetzt wird. Und weil die Zeit begrenzt ist, wird nicht selten die Nacht durch gehackt, daher also Marathon. Das besondere am Berlin Geekettes Hackathon, ist die spezielle Ausrichtung auf Frauen* in der IT. Ziel ist nicht nur eine Vernetzung von Frauen*, die bereits in der IT Branche tätig sind, sondern auch ein vernetzen mit anderen Branchen und ein anwerben von Neulingen. Und so waren auf der Veranstaltung neben Programmierer_innen auch Designer_innen, Gründer_innen und andere Interessierte.

24Stunden Hackathon

Am Freitag ging es also los, dank der großzügigen Sponsoren[1] war die Veranstaltung inkl. Anreise (zumindest für uns Hamburg Geekettes) und Verpflegung komplett kostenlos. Yay! dafür.

Zunächst stellten sich natürlich die Veranstalter_innen vor und erklärten kurz den Ablauf des Wochenendes, anschließend gab es einen kurzen Vortrag zur Verwendung von API’s, die zentraler Bestandteil vieler Hacks werden sollten, doch dazu später. Beim Dinner konnte eine dann bereits die ersten Teilnehmer_innen kennen lernen. Dann ging es aber erstmal ins Bett, denn das Wochenende versprach wenig Schlaf.

Am Samstag ging es dann auch früh los. Zunächst mit einer Vorstellungsrunde der Sponsoren, die alle gleichzeitig auch ihre API’s vorstellten. Anschließend konnten alle Teilnehmer_innen die Lust hatten, ihre Idee präsentieren. Bei der Fülle der Vorschläge war es leider ein bisschen schwierig, alle Ideen inkl. der Präsentierenden bis zum Ende der Präsentation im Kopf zu behalten. Nichtsdestotrotz bildeten sich nach der Vorstellugsrunde recht schnell Teams. Ich entschied mich für die Idee, eine Aufklärungsspiel zum Thema Menstruation mitzugestalten.

Nur unterbrochen von Pausen für Essen[2] oder Entspannung, die sich mit Yoga oder Origami und Buttons basteln ganz hervorragend erreichen ließ, saßen nun alle Teams an ihren Projekten. Einige blieben tatsächlich auch die ganze Nacht am Veranstaltungsort. Bis Sonntag Mittag wurde entworfen, diskutiert und programmiert. Dann war die Zeit abgelaufen und es galt die Ergebnisse zu präsentieren. Egal ob Entwurf, Teilprogramme oder fertiger Prototyp.

Die Ergebnisse

Eine Beschreibung all der tollen Hacks würde jetzt wohl doch etwas zu Weit gehen, Interessierte können sie sich aber gern bei hackerlegue.org genauer anschauen. Hier ein paar Beispiele:

Inspiriert von den zur Verfügung stehenden API’s gab es einige Smartphone Apps, die mit Hilfe von Soundcloud und EyeEm Bilder, Musik und Geräusche verwendeten. Bei WatchMeDance – like a pro wurde zudem noch die per Kickstarter finanzierte Uhr Pebble eingebunden. Über die App wird ein Song ausgewählt und die passenden Tanzschritte werden dann auf der Uhr angezeigt. Außerdem vibriert die Uhr immer dann, wenn ein Tanzschritt ausgeführt werden soll.

Wounded Sites ist eine Anwendung, mit der Geräusche aus Kriegs- oder Krisengebieten mit Fotos aus der selben Region kombiniert werde können. Mit bedrückenden Ergebnissen, die gut verwendet werden könnten, um mehr Aufmerksamkeit auch auf weniger beachtete Konflikte zu lenken.

Etwas geekiger waren zwei Hacks in denen der Morse Code im Mittelpunkt stand. Wer noch nie etwas von Morse Code Karaoke gehört hat, sollte das spätestens jetzt nachholen und dem Link folgen. Der Name sagt eigentlich alles. Und das erworbene Können kann dann gleich bei Morning Morse angewendet werden. Einem Wecker, der sich nur mit den richtige Morse Skills endgültig ausschalten lässt.

Eine leichtere Vernetzung von und mit Frauen* in der IT ist Ziel der Apps We are many und Rent a Role Model. Erstere schlägt der_dem Nutzer_in jeden Tag, z.B. nach Interessen, andere Nutzer_innen aus einem gewählten Netzwerk vor oder lässt eine_n einfach innerhalb eines Netzwerks „stöbern“. Rent a Role Model soll es Lehrer_innen erleichtern mit Frauen* aus der IT in Kontakt zutreten, um diese z.B. in den Unterricht einzuladen.

Period Quest

Und dann war ja da noch mein Team. Inspiriert vom Vortrag von Wash United, einer Organisation, die sich für die weltweite Aufklärung rundum Hygiene einsetzt, wollten wir ein Browser Spiel zur Menstruationsaufklärung programmieren. Und weil wir so viele unterschiedliche Ideen hatten, wurde das gleich ein Spiel mit mehreren Levels, in denen der_die Nutzer_in spielerisch über Mythen und Tabus aufgeklärt wird und Tips für den Umgang mit der Menstruation bekommt. Den Entwurf eines Level, Cuterus Leaks!, konnten wir an diesem Wochenende spielbar machen: Während die_der Spieler_in versucht das Blut von Cuterus einzusammeln lernt er_sie nicht nur welche Materialien gut geeignet oder umweltfreundlicher sind, sie_er lernt auch etwas darüber, welche Materialien menstruierende Menschen aus Mangel an passenden Hygiene Artikeln z.T. verwenden müssen. Mehr zum Thema findet ihr auf der Seite des Menstrual Hygiene Day oder der Seite von Wash United. Ein bisschen stolz kann ich außerdem sagen, dass wir mit unserem Projekt am Ende, für uns ganz überraschend, sogar gewonnen haben. Danke nochmal an alle Voter_innen!

Nach dem Hack ist vor dem Hack

Alles in allem ein gelungenes Wochenende, mit wenigen Fails[3] und viel gute Laune. Danke an die Geekttes für’s organisieren und den Sponsoren für’s möglichen machen! Leider zeigen die Reaktionen auf das Event[4] und auch auf den Gewinner-Hack, dass wir solche Veranstaltungen noch einige Zeit brauchen werden und leider auch, dass auch hierzulande Menstruation noch nicht frei von Tabus ist und Aufklärung bitter nötig.

In diesem Sinne: There will be blood. PERIOD!

 

  1. [1] Mir ist durchaus bewusst, dass mensch dem einen oder andern Sponsor aus verschiedneen Gründen auch kritisch gegenüberstehen kann oder sollte oder was weiß ich. Das habe ich jetzt bewusst nicht theamtisiert, weil ich kein Buch schreiben wollte. Ich wäre aber durchaus an einer textlichen Überlegung zum Thema Sponsoren und wie verhalte ich mich, wenn ich diesen kritisch gegenüberstehe, interessiert. Also falls eine_r Muße hat…
  2. [2] Das Essen war lecker und zum größten Teilen sogar vegan, yay! Ich muss aber anmerken, dass ich diesem Hype um angeblich gesundes Essen sehr schwierig finde. Essen ist gesund, wenn es gesund und gut für mich ist. Dazu zählt m.M. alles womit ich mich gut fühle und dazu zählt auch Schokolade und Pizza. Das rumreiten auf irgendwelchen Ernährungsepfehlungen ist einfach nur eine Vorstufe zu body blaming und fat shaming und das geht mir gehörig gegen den Strich. Keine Kritik am Essen, ganz und gar nicht! Nur am Marketing ;)
  3. [3] Z.B. der Typ, der es nicht lassen konnte darauf hinzuweisen, wie geil er es findet, wieviele Frauen* ihn jetzt anstarren (örks).
  4. [4] Z.B. dieses peinliche Video oder die Kommentare unter diesem Heise Artikel (keine Empfehlung!)

Von Susanne

Susanne ist zur Zeit hauptberuflich Weltenbummlerin und Bloggerin. Zuvor studierte sie Medientechnologie und arbeitet ein Jahr als Systemingenieurin beim öffentlich-rechtlichen Fernsehn. Zum Geek wurde sie vorallem über Computerspiele und die unlängst erwachte Freude am Webprogrammieren. Die Feministin in ihr ist sowohl Ergebnis einer empowernden Familie als auch eine Antwort auf die Erfahrungen mit dem Rest der Welt.

2 Antworten auf „2. All-Women Hackthon in Berlin“

Zur Ergänzung hier ein ganz zauberhafter Kommentar bei Heise, den ich euch nicht vorenthalten möchte, dem ich nichts hinzuzufügen habe und dem ich mich voll anschließe:

„Ein Hackathon nur für Frauen? Das ist ja voll sexistisch und wie
Paralympics!“

Wenn man die Teilnehmerinnen des Berlin Geekette Hackathons gefragt
hätte, warum sie daran teilnehmen, dann hätte man vermutlich
Schlagwörter gehört wie „Vernetzung!“, „Spaß!“, „endlich mal andere
Frauen in der IT kennenlernen!“, weniger „Ich möchte meine
Programmierskills mit anderen messen“. Vielleicht hätten auch einige
gesagt „24h programmieren ohne sexistischen Mist abzukriegen, yay!“.
Das Konzept, dass eine Gruppe sich vernetzt, die eine Minderheit
darstellt, ist nichts neues. Wer immer noch nicht glaubt, dass man
als Frau in der IT viel sexistischen Mist erlebt, der sehe sich
diesen Link an, der schon rein mathematisch beweist, dass dem so ist:
http://bit.ly/1bPHS4I
Der BGH schafft es nicht nur ,Frauen in der IT zu vernetzen, sondern
auch eine extreme wohlwollende Atmosphäre zu kreieren gegenüber
allen, die einfach mal in die IT reinschnuppern wollen. Keine
Ellbogenmentalität. Kein Schief-angeguckt-werden oder blöde
Kommentare, wenn man noch nicht oder nur rudimentär programmieren
kann. Wenn du Hilfe brauchst, kriegst du die. Mir persönlich macht es
tausendmal mehr Spaß, jemand erfahrenem über die Schulter zu gucken
und dazu Fragen stellen zu dürfen, als ein schnödes Tutorial zu
lesen. Es gibt einige die nach dem BGH rausgegangen sind und gesagt
haben „Ich werde Programmiererin!“, eine davon war beim letzten Mal
mit mir im Team, ist eigentlich Englisch-Lehrerin, konnte rudimentär
HTML und hat sich in dem halben Jahr bis jetzt soviel Wissen
angeeignet, dass sie gerade nach einer Webdevelopment-Stelle sucht.
Mehr Frauen in die IT und so. Viele reden drüber. Der BGH macht es
einfach.

„Ein Spiel über Menstruation? Wie blöd ist das denn?!“

Eigentlich erklärt der letzte Absatz des Artikels schon, warum es ein
Spiel zu diesem Thema gab, aber hier nochmal für diejenigen, die beim
Schlagwort „Menstruation“ nur noch rot gesehen haben: Die
Organisation Wash United (http://www.wash-united.org/our-work) hat
das Ziel, in armen Ländern über Hygiene aufzuklären und
Hygieneartikel verfügbar zu machen. Dazu zählt natürlich auch
Mentruationshygiene. So ein paar Fakten: Verdammt viele Mädchen auf
dieser Welt haben wahnsinnige Angst, wenn sie zum ersten Mal ihre
Regel bekommen, das Thema ein gesellschaftliches Tabu ist und ihnen
nie erklärt wurde, dass das ganz normal ist und kein gesundheitliches
Problem. Sie benutzen Blätter, alte Socken oder Stofffetzen als
Einlage, dabei kommt es oft zu Infektionen. In einigen Ländern müssen
Frauen von ihrer Familie getrennt leben, während sie ihre Tage haben,
manchmal in einem Kellerraum, manchmal in einer Hütte, die deutlich
vom Rest des Dorfes entfernt ist. Das führt zum Beispiel auch dazu,
dass Mädchen einmal im Monat für fast eine Woche der Schule
fernbleiben müssen, sodenn sie denn zur Schule gehen und damit einen
Bildungsnachteil haben! (Educate yourself about this!)
So. Die Intention von Wash United war es, eine Anwendung zu haben,
die jungen Mädchen dabei hilft, Menstruation als etwas normales zu
betrachten und spielerisch zu lernen, wie man damit so umgeht.
(Schmerzen, Hygieneartikel, etc.)
Rausgekommen ist das Konzept eines Spieles mit verschiedenen Leveln,
in einem gibt es ein Quiz zu Menstruationsmythen, in einem anderen
geht es um den Umgang mit Schmerzen und dann gibt es eben auch noch
Cuterus Leaks, das vermitteln soll, was man besser als Hygieneartikel
benutzt und was nicht. Wir hatten eine Pädagogin im Team, die vor Ort
mit den Kindern (nichtdigitale) Spiele spielt und ein Gefühl dafür
hat, was gut ankommt. Die Entscheidung für den Uterus kam z.B. auch
daher, dass sie erzählte, dass Mädchen in Indien ganz begeistert und
interessiet waren, als sie zum ersten Mal gesehen haben, wie ein
Uterus eigentlich aussieht.
Lustig an der Sache finde ich vor allem, dass Feminist_innen fast
immer vorgeworfen wird, sie seien so humorlos. Dann machen sie ein
Spiel, das deutlich auf Spaß und Tabubruch aus ist. Und dann ist es
zu unseriös.

„Und dann gewinnt das auch noch!? Obwohl es technisch so total simpel
ist!! Frauen habens halt nicht drauf!“

Interessanterweise wurde der 1. Preis gewählt – von allen
Teilnehmerinnen. Jetzt kann man natürlich ranten, dass das total
unseriös ist, für so ein Projekt zu stimmen. Und ehrlich, ich hätte
auch nie gedacht, dass so ein Funprojekt mit technisch relativ
simplem Anspruch gewinnt. (btw war es zwar ein Team aus 7 Personen,
davon 3 die nicht programmiert haben, und von den 4 übrigen
tatsächlich nur eine, die wirklich als Programmiererin arbeitet, und
eine, die das grad noch studiert) Gerade weil es so viele technisch
anspruchsvolle coole Sachen gab, die teilweise 3 APIs verwendet
haben. Aber die Gesamtpräsentation des Spielkonzepts (Kennt hier
jemand Game Hackathons, wo es oft nur Konzepte am Ende gibt und keine
Prototypen?) gepaart mit dem Anliegen, ein educational Game für
Mädchen zu schreiben, das über WashUnited vermutlich tatsächlich in
einer pädagogisch überarbeiteten Version zum Einsatz kommen wird, hat
wohl letzten Endes viele dazu bewogen, ihre Stimme zu geben. Oder sie
fanden halt die Idee lustig. Was auch ein adäquater Grund ist. (Ich
finde ja, Morse Code Karaoke hätte gewinnen sollen) Wie auch immer.
Ihr könnt ja gerne Hackathons ausschreiben, wo klar formuliert ist,
dass nur seriöse Business-Projekte gewinnen dürfen. Geh ich halt
nicht hin ;)

Quelle

wow, bin nachhaltig beeindruckt von den Kommentaren auf Heise.de – wie eigentlich fast jedesmal wenn ich dort Kommentare unter einem Artikel lese, der auch nur entfernt *ismen anspricht. Kein Wunder dass Frauen* keine Lust auf die IT-Branche haben, wenn sie da permanent mit solchen Gestalten konfrontiert werden. Hätte ich bloß mal den Hinweis „keine Empfehlung!“ befolgt…

Und ja, klingt nach einem Hackathon auf den ich auch Lust hätte. Treffen, Ideen austauschen, Spaß haben, spannende / lustige Projekte realisieren und dabei jede Menge nette Leute treffen :-) Und traurig, wenn es bei nicht-female-only Hackathons ausschließlich darum geht jeweils zu beweisen wer der (auf keinen Fall die) Tollste ist. Voll humorlos diese Anti-Feministen.

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