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Viele Fragen, keine Antworten – wie die Überwachungsskandale folgenlos bleiben.

Am Checkpoint Charlie ein weißes Plakat mit schwarzer Schrift: "Your privacy ends here - Ihre Privatsphäre endet hier" und kleine Videokameras und Audioüberwachungsgeräte
CC BY-SA 2.0 Digitale Gesellschaft

„Also, ich find’s jetzt nicht gut, aber richtig kann ich mich über das alles nicht aufregen.“ Wer sich außerhalb der Netz-Filterblase unterhält, kriegt derart resignierte Aussagen öfter zu hören. Prism, Tempora und Co sind schlimm. Aber sind sie wirklich ein Problem?

Für die Durchschnitts-Bürger_innen derzeit nicht. Ob Datensammelei von Firmen oder Datenrasterfahndung von Regierungen – das Problem haben immer noch die anderen. Die teuren Kredite kriegen die anderen mit noch weniger Geld. Im Fokus der sichtbaren Kontrollen in Flughäfen und Zügen stehen nicht-weiße Mitmenschen. Ob wir von einem multi-nationalen Konzern dank eines Background-Checks keinen Job bekamen, steht nicht in der Absage. Die automatisierten Kriege töten hier niemanden. Alles noch schön kuschelig, warum also sollen wir uns empören? Worüber sollen wir uns aufregen?

Kein Wunder also, wenn Angela Merkel ihren Untertan_innen Bürger_innen nur Platitüden liefert. Allem neu-entdeckten Nationalflaggenstolz zum Trotz ist die Bedeutung Internationalen Rechts im Zeitalter von amazon.co.uk-Päckchen doch eher weit weg vom täglichen Leben. Was passieren müsste, wären konkrete Ansagen. Wieviele verschiedene Stichwörter muss ich in meinen Mails genannt haben? Was passiert dann eigentlich? Liest nach einer Maschine noch ein Mensch meine E-Mails? Dass der wenigste Widerstand kommt, wenn es keine Dinge zum widerstehen gibt, weiß niemand besser als Angela Merkel. Von ihr dürfen wir daher keine Hilfe erwarten.

Dennoch müssen Fragen gestellt werden: Wieviele Länder muss ich bereist, wieviele Kontakte geknüpft haben, bevor ich auf No-Fly-Listen lande? Was ist mit den Menschen passiert, deren geplante Terroranschläge vereitelt wurden. In welchen Geheimknästen sitzen die? Nach welchen Recht wurden sie verurteilt – wurden sie überhaupt vor ein Gericht gestellt? Wer sind sie überhaupt? Journalist_innen, Aktivist_innen, Politiker_innen. Alle müssen sie diese Fragen stellen, bis die Antworten herauströpfeln aus den gut geschützten Datensilos der Geheimdienste.

Bisher ist die Bedrohung durch Überwachung ein Kampf ohne sichtbare Opfer und erkennbare Täter_innen. Irgendwo laufen Algorithmen über unsere Datenspuren, die wir doch sowieso schon längst an Google verscherbelt haben, für mehr Speicherplatz in der Cloud. Die Probleme sind nur dann greifbar, wenn ein hypothetischer Edward Snowden Flugzeuge zu Zwischenstops zwingt. Überzeugende Erfolge gibt es auch keine – aber das noch lange reicht nicht aus für Konsequenzen. Wir müssen die Dossiers sehen, die die NSA von uns angelegt hat. Wir müssen sehen, wer unsere Partyfotos durchschaut und Chat-Logs mitliest. Dann erst wird es ungemütlich.

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