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Großartig, aber nicht perfekt: Deep Space Nine (Teil 1)

Hach Deep Space Nine. Immer wieder als die beste Star Trek-Serie gelobt (auch von mir), jetzt endlich im kompletten Durchlauf. Die Serie mit meisten Außerirdischen im Cast, mit den meisten People of Color, mit einem Planeten und seiner Gesellschaft, die sich aus ihrer Unterdrückungsgeschichte befreien – in der ersten Staffel sehr anschaulich an Kira Nerys umgesetzt, die dennoch ein Charakter bleibt und nicht zum Tropus verkommt. Während unter den Hauptcharakteren wieder einmal wenig Frauen sind, gibt es auch immer wieder außerirdische Anführerinnen. Völlig anekdotisch behaupte ich, dass es in den ersten beiden Staffeln, um die es hier heute geht, mehr waren als in Star Trek Enterprise.

Die Crew von Star Trek Deep Space Nine in der ersten Staffel

Das Highlight war bisher die letzte Folge der ersten Staffel, die mit Major Kira, Vedek Winn, Keiko O’Brien und der Ingenieurin Neela stark von den weiblichen Charakteren getragen wird. Leider ist derart viel „Frauenpower“ dann doch wieder die Ausnahme. Dazu im Vergleich noch mal ein Beispiel, das mir besonders aufgestoßen ist:

In der ersten Staffel, Episode 14, sind Dr. Bashir und O’Brien in einem bajoranischen Dorf, um sich um einen Kranken zu kümmern. Der Betroffene ist der Sirah, eine Art Kämpfer, der jedes Jahr eine zerstörerische Himmelsmacht, den Dal’Rok bekämpft. Dafür bekommt er von den anderen Dorfbewohnern Geschenke und „willige Frauen“. Am Ende stellt sich heraus, dass der Dal’Rok eine vom Sirah gesteuerte Erfindung ist, um die Dorfgemeinschaft zusammenzuhalten.

Eine ähnliche Folge gibt es in der zweiten Staffel (Episode 15). Hier landen O’Brien und Sisko auf einem Planeten mit einer menschlichen Kolonie, die aufgrund eines „duonetischen“ Feldes keinerlei elektronische Geräte verwenden kann. Für die Anführerin der Gemeinschaft, Alixus, scheint sich so ein Traum erfüllt zu haben. Immer stärker stellt sich dabei aber heraus, dass sie vor nichts zurückschreckt, um die Kolonie in genau diesem Zustand zu halten.

Beide Gemeinschaften sind quasi Sekten, die von ihren Führern manipuliert werden. Beide benutzen ihre Mitmenschen und etablieren Gefahren um durchzusetzen, was sie für das Beste für ihre Gemeinschaft halten. Alixus wird dabei besonders brutal dagestellt, im Kontrast zu Sisko, der an seinen Prinzipien festhält. Der Sirah nimmt vor allem ihm angebotenen Privilegien wahr, im Kontrast zu O’Brien, der sich natürlich „ehrenhaft“ verhält.

Hier kommen soviele Stereotype zusammen, dass es schwierig ist, einen Anfang zu finden. Der Sirah ist ein Kämpfer, der alte Sirah stirbt in „Ausübung seiner Pflicht“. Wie ein Feudalherr lässt er sich für seine Dienste entlohnen, bereichert sich auf Kosten der Dorfbewohner_innen und gefährdet ihr Leben. Er bildet sogar einen Nachfolger aus, der schließlich den Notfall- Sirah O’Brien als finale Prüfung „vom Thron stoßen muss“. Am Ende darf er diesen Betrug weiterführen, er wird gar nicht als solcher thematisiert. Dagegen ist Alixus eine böse Mutter, die das Leben ihrer Gemeinschaft mikromanagt, Frauen prostituiert, straft und auch ihren eigenen Sohn sterben lassen würde. Ihr Betrug wird enttarnt, sie stellt sich freiwillig der Strafe für ihre Taten.

Dabei ist zumindest der Subplot der Sirah-Folge besser gelungen. Die junge Bajoranerin Varis Sul muss als Dorfanführerin verhandeln lernen – eine Entwicklung bei der ihr zunächst leider nur Männer helfen. Dies passiert aber nicht oberlehrerhaft, stattdessen wird ihre selbstbestimmte Entwicklung gezeigt. (Und jetzt ratet mal, wie die Folge in der englischen Wikipedia beschrieben wird…)

Ein letztes Detail: Dass regelmäßig Chief O’Brien in schwierige Situationen gerat, war kein Zufall. Da er kein Offzier ist und Frau und Kinder hat schien er den Produzenten als besondere Identifikationsfigur für das Publikum. „O’Brien muss leiden“ war daher anscheinend tatsächlich ein Aufhänger vieler Folgen. Er war auch der einzige weiße Mann in der Hauptbesetzung. Just saying.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Drop the Thought.

2 Antworten auf „Großartig, aber nicht perfekt: Deep Space Nine (Teil 1)“

Vielen Dank für diesen Artikel. DS9 ist und bleicht einfach episch! Wie Akte X. Das sind Sachen, die man echt auch nach Jahren noch wieder gucken kann ohne sich zu fragen, warum man das früher so super fand…
Anders bei Voyager, das ist im Nachhinein eher unfreiwillig komisch *g*

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